(Un)geteilte Aufmerksamkeit


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Die Situation hat sich an einem Montagmorgen in dem Gruppenraum meiner U3-Gruppe abgespielt. Ich war gemeinsam mit den beiden Gruppenerzieherinnen (darunter meine Mentorin) und einer Native Speakerin in dem Gruppenraum und wir haben gemeinsam mit den Kindern gefrühstückt. Die eine Gruppenerzieherin saß zusammen mit der Native Speakerin an einem Tisch mit fünf Kindern und ich saß an dem anderen Tisch zusammen mit einer Erzieherin und zwei Kindern, welche die jüngsten Kinder der Gruppe sind. Die Situation hat damit begonnen, dass mich meine Mentorin gefragt hat, wie mein Wochenende war. Während ich kurz über meine Erlebnisse erzählt habe, hat sich das Frühstücksgeschehen wie gewohnt abgespielt.

Ich habe meine Beschreibungen sehr kurz und prägnant gehalten, weil ich mich den Kindern zuwenden wollte, da ich für die beiden Kleinsten der Gruppe zuständig war und mich um sie kümmern wollte (Brote schmieren, Getränk gemeinsam eingießen, …). Nachdem ich fertig mit erzählen war, haben sich die beiden Erzieherinnen über ihr Wochenende ausgetauscht. Die Erzieherinnen waren sehr in ihr Gespräch vertieft und haben immer weniger auf die Kinder und die Frühstückssituation geachtet. Die Native Speakerin hat stattdessen die Kinder umsorgt und war für sie als Ansprechpartnerin da. Im Laufe des Gesprächs fielen schließlich die Worte „Oh, ich muss dir so viel erzählen, es ist so viel passiert!“. Ab diesem Zeitpunkt an hat sich die Stimmung der Frühstückssituation bei allen Beteiligten deutlich verändert. Der Inhalt des Gesprächs waren die Erlebnisse am Wochenende mit Freunden und einem Mann. Es wurde viel über Dating und intime Dinge geredet. Darüber hinaus fiel zweimal der Ausdruck „Willst du mich eigentlich verarschen?“ bzw. „Will der mich eigentlich verarschen?“. Diese Ausdrücke waren sehr laut und deutlich und sind vor den Kindern gefallen. Zudem sind Aussagen gefallen wie „Ach jetzt haben wir hier ganze viele kleine Zuhörer bei unserem Gespräch, naja“. Das Gespräch hat die gesamte Frühstückssituation über angedauert und man konnte deutlich erkennen, dass die Kinder sich anders verhalten haben. Während die Kinder während des Frühstücks normalerweise sehr lebhaft sind, viel Miteinander erzählen und öfter aufstehen, um sich etwas zum Essen zu holen, hat keines der Kinder während diesem Frühstück geredet oder hat sich großartig bewegt.

Somit war es im gesamten Gruppenraum sehr still, bis auf das Gespräch der beiden Erzieherinnen und meinen Aussagen gegenüber den beiden Kindern an meinem Tisch. Ich habe eines der beiden Kinder (1 ½ Jahre alt) häufiger angesprochen und darauf aufmerksam gemacht, dass es gewisse Dinge bitte nicht tun soll (Fuß auf den Tisch legen oder Essen durch die Gegend werfen). Man hat demzufolge auch bei den beiden Kleinen gemerkt, dass sie anders handeln, indem sie Dinge tun, die sie im Alltag normalerweise eher selten tun. Ich denke, dass die beiden Kinder mit diesen Handlungen Aufmerksamkeit bekommen oder ihre Grenzen austesten wollten. Trotz meinen Aussagen an das Kind, hat es nicht mit den Handlungen aufgehört, bis schließlich die beiden Erzieherinnen eingegriffen haben. Zunächst hat die Erzieherin an meinem Tisch den Teller des Kindes weggezogen und gesagt „Das reicht mir jetzt, dann kriegst du halt jetzt nichts mehr“. Die andere Erzieherin hat nach einiger Zeit dasselbe Kind laut ermahnt und den Stuhl mit dem Kind vom Tisch weggezogen und das Kind dazu aufgefordert, dass es das von ihm heruntergeworfene Essen wieder aufheben soll.

Das Kind blieb im Anschluss sehr still auf dem Stuhl sitzen. Ich habe mich während der gesamten Situation sehr unwohl und unbeholfen gefühlt, da in dem Raum eine Stille herrschte und das Gespräch die gesamte Frühstückssituation beeinflusst und geprägt hat. Ich habe von Anfang an gemerkt, dass die Kinder sehr ruhig werden und keinerlei Interaktionen stattfinden. Zudem denke ich, dass sich die Native Speakerin ebenfalls unwohl gefühlt hat, da sie im Prinzip nur am Tisch mit den Kindern saß und dem Gespräch zwischen den beiden Erzieherinnen zugehört hat. Es war ein sehr persönliches Gespräch mit vielen privaten und intimen Informationen, so wie sie Freunde im Privaten unterhalten. Hier jedoch haben kleine Kinder zugehört und zwei weitere Erwachsene.